Vertrauen statt Erziehung - Liebe statt Dominanz
Welche Methode ich zur Erziehung unserer Pferde anwende, werde ich ab und an gefragt.
Keine.
Wie denn unsere Pferde lernen würden, ist die nächste Frage.
Ganz natürlich in der Herde und in ihrem Tempo.
Mein Anteil dabei ist, den Pferden mit Respekt, Zuneigung, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit zu begegnen.
Das war nicht immer so. Zu Beginn meiner Pferdezeit habe ich versucht, mich an Methoden zu orientieren. Weil ich unsicher und in Angst war. Der Illusion verfallen, dass wenn nicht ich die Pferde dominiere, sie mich dominieren.
Nur, keine der Methoden hat sich gut für mich angefühlt. Und irgendwann habe ich begonnen zu hinterfragen, statt nach zu machen.
Wollen Pferde uns Menschen denn überhaupt dominieren? In der Herde unter den Pferden habe ich so etwas nicht beobachtet. Leitstuten und Leithengste erlebe ich als sehr souveräne, gelassene und in sich ruhende Persönlichkeiten. Statt zu dominieren, überzeugen sie mit Stärke, Fairness, Klarheit und Verständnis. Ein jedes Pferd wird respektiert wie es ist. Je ranghöher desto mehr Hinnehmen kann ich beobachten. Und es sind nicht die Leittiere, die über Führung entscheiden. Es sind die Herdenmitglieder, die sich anschliessen, wenn Vertrauen und Sicherheit überzeugen.
Ich habe ich begonnen in der Herde zu forschen, noch mehr zu beobachten und vor allem, statt meinem Verstand, meinem Herzen zu vertrauen.
So habe ich aufgehört einzugreifen und zu manipulieren. Oder zu erziehen, wie Mensch es gerne auch nennt. Statt dessen respektiere und liebe ich meine Pferdefreunde genau so, wie sie sind. Lausche öfter und fühle mit.
Ich habe mich schon lange damit abgefunden, dass Andere denken, ich hätte unsere Pferde nicht im Griff. Ja, unsere Pferde haben ein Mitspracherecht. Und ja, unsere Pferde dürfen nein sagen. Unsere Pferde dürfen alles und müssen nichts.
Ich stehe dazu, unsere Pferde sind nicht erzogen. Wieso auch sollte ich ihnen und mir das antun? Nachdem ich mein halbes Leben mich von Anerzogenem befreie und dafür gehe, dass ich bin wie ich bin.
Ja, unsere Pferde dürfen essen so viel, was und wann sie wollen. Grasen, wandern oder einfach nur rumdösen, rumliegen, spielen. Ganz wie sie es gerade für gut befinden. 365 Tage auf der Wiese, in und mit der Natur. Und immer behütet, begleitet von ihrer Herde. Denn Herde ist viel wichtiger als ich es für die Pferde jemals sein kann. Niemals kann ich den selben Schutz wie die Herde bieten.
Ich fühle mich gesegnet, dass ich mich den Pferden anschliessen und mit ihnen sein, erforschen, erleben und Glückseligkeit erfahren darf. Ich bin reich beschenkt, dass die Pferde mit mir ihren Frieden und ihre Freundlichkeit teilen.
Ich staune und beobachte mit Freude, wie wir trotz oder vielleicht gerade wegen der grossen Freiheiten, der endlosen Liebe und Aufmerksamkeiten zu einem tollen Team zusammen wachsen. Einem Miteinander, was auf Vertrauen, Respekt und Friedlichkeit baut. So gelingen Tierarztuntersuchungen, Behandlungen, Hufbearbeitung und auch unsere Umzugswanderungen zu neuen Wiesen leicht und im Wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können.
Ich darf jeden Tag lernen, meine tierlichen und menschlichen Gefährten genau so zu lieben, wie sie sind und nicht so, wie ich sie gerne hätte. Und erkenne immer tiefer, was für eine Metamorphose ich dabei durchlebe.
Also, wer bringt da wem was bei ;-)?